Würzburg. In Deutschland sind rund vier Millionen Menschen von einer Seltenen Erkrankung betroffen. Obwohl der Anteil von Kindern und Jugendlichen in dieser Gruppe stetig zunimmt, ist die Versorgungssituation der jungen Menschen oft unzureichend. Abhilfe soll hier die neue Versorgungsform „B(e) NAMSE – Telemedizinunterstützte, interdisziplinäre, multiprofessionelle und altersübergreifende Versorgung von jungen Menschen mit Seltenen Erkrankungen durch NAMSE-B-Zentrums-Cluster“ schaffen. An der Erprobung des neuen Konzepts beteiligt sind die Uniklinika in Augsburg, Bochum, Dresden, Witten/Herdecke und Würzburg. Der Innovationsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses fördert das Vorhaben über 3,5 Jahre mit rund neun Millionen Euro. Von diesen Mitteln gehen mehr als eine Million Euro ans Uniklinikum Würzburg (UKW).
Die Ausgangslage
Die mehr als 6.000 bekannten Seltenen Erkrankungen sind häufig wenig erforscht und spezifische Behandlungsmöglichkeiten fehlen. Für betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene stellen sich besondere Fragen bei Behandlung und Versorgung wie auch beim Blick in die Zukunft. Zudem gibt es viele unterschiedliche Behandelnde, Einrichtungen, Ansprechpersonen und Anlaufstellen, die möglichst optimal koordiniert sein müssen.
Prozesse besser verzahnen
Das Projekt „B(e) NAMSE“ will die Versorgungsqualität durch eine engere Verzahnung von Prozessen spür- und messbar steigern. „Die Betreuung der Betroffenen und ihrer Familien ist anspruchsvoll und muss viele Aspekte berücksichtigen. Wir freuen uns, dass wir hier die Weiterentwicklung der Versorgung mitgestalten können“, kommentiert Prof. Dr. Helge Hebestreit, der Leiter des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZESE) am UKW.
Die neuen Ansätze werden wissenschaftlich begleitet: Die Universität Witten/Herdecke und das gemeinnützige Forschungsunternehmen PedScience aus Datteln untersuchen, ob sich die Qualität der Versorgung durch die neue Herangehensweise verbessert. Prüfen werden sie auch, wie die Familien und die Versorgenden die neue Versorgungsform erleben und wie viel sie kostet.
Weitere Projektpartner von „B(e) NAMSE“ sind die Techniker Krankenkasse, die Barmer, die AOK Bayern und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Perspektive der Patientinnen und Patienten bringt die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. ein.
Das Projekt startete mit einem zweitägigen Kick-off-Treffen Ende Januar dieses Jahres in der Universitätskinderklinik in Bochum.
Das Zentrum für Seltene Erkrankungen – Referenzzentrum Nordbayern (ZESE)
Das ZESE ist das erste zertifizierte Zentrum für Seltene Erkrankungen in Deutschland und bietet neben einer Sprechstunde für unklare Diagnosen eine hochspezialisierte Betreuung in seinen 22 krankheits(gruppen)spezifischen Typ B- bzw. Fach-Zentren für ein großes Spektrum Seltener Erkrankungen an. Das ZESE ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der Zentren für Seltene Erkrankungen, mehrere seiner Fachzentren sind an BMBF- und EU-Netzwerken einschließlich der European Reference Networks beteiligt. Jährlich werden weit mehr als 5.000 Patientinnen und Patienten aus dem In- und Ausland im ZESE und seinen angegliederten Fach-Zentren betreut.
Das ZESE arbeitet seit vielen Jahren im Rahmen verschiedener Projekte an der Verbesserung der Versorgungssituation von Menschen mit Seltenen Erkrankungen. Beispiele sind hier das erfolgreich abgeschlossene Innovationsfondprojekt ZSE-DUO und die Entwicklung des BASE-Netz, einer Portal-Software zur Kommunikation mit Patientinnen und Patienten sowie mit den betreuenden Ärztinnen und Ärzten.
Text: Pressestelle/UKW